Feeling Lonely – 3 Tipps gegen Einsamkeit

Die ersten Musiker begannen zu spielen, via Beamer erschien der Songtext an der Wand und ich umklammerte mein Mikrofon. Schon oft hatte ich in der Band meiner Gemeinde gesungen und ich liebte es. Musik ist für mich eine ganz besondere Art, Gott anzubeten. Doch in diesem Moment wollte ich nur eins: weglaufen.

Ein sehr schweres Gespräch lag hinter mir und ich fühlte mich vollkommen in Frage gestellt. Es war, als würde keine meiner Eigenschaften ausreichen. Alles an mir war fehlerhaft. Eine Freundin hatte mich zur Seite genommen, um mich auf verschiedene Dinge aufmerksam zu machen. Wahrscheinlich meinte sie es gar nicht böse und ich glaube, dass es Aspekte gab, denen ich heute sogar zustimmen würde. Aber ihre Worte trafen mich wie ein scharfes Messer und bohrten sich in mein Herz. Ich war komplett verunsichert und genau das war der Grund für meinen plötzlichen Wunsch, die Flucht zu ergreifen. Wenn diese Freundin eine so negative Meinung von mir hatte, dachten sicher viele andere in der Gemeinde ebenso. Zumindest meine damalige Mädchen-Clique stand hinter ihr. Eine der Mädels zeigte zwar Verständnis für meine verletzten Gefühle, letztendlich blieb ich aber allein zurück.

In den folgenden Monaten fühlte ich mich unbeschreiblich einsam. All die Jahre war die Gemeinde mein zu Hause gewesen. Die Menschen dort waren meine Familie. Aber nun war jeder Kirchenbesuch eine Last. Vom einen auf den anderen Tag hatte ich meine besten Freundinnen verloren.

„Du bist der Gott, der mich sieht!“

Gott hat uns in Seinem Ebenbild erschaffen (1. Mose 1,26) – als Beziehungswesen. Er selbst lebt in tiefster Gemeinschaft: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Im Schöpfungsbericht heißt es:

Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.

1. Mose 2,18

Hier geht es nicht nur um die Ehe, sondern die Bibel macht klar, dass niemand von uns dazu bestimmt ist, ein Leben als Einzelgänger zu führen. Natürlich gibt es unterschiedliche Persönlichkeiten und niemand sollte von einem introvertierten Menschen erwarten, rund um die Uhr Gäste zu bespaßen. Aber Gott zeigt uns deutlich, dass wir Christen einander brauchen. Wir sollen unseren Glauben nicht allein leben, sondern in Gemeinschaft (Hebräer 10, 24-25)! Umso größer ist der Schmerz, wenn wir uns in der Gemeinde einsam fühlen.

Einsamkeit ist etwas Schreckliches. Die Bibel beschönigt sie nicht. Stattdessen gibt Gott diesem Thema viel Raum. Nicht ohne Grund lesen wir in den Psalmen immer wieder von Davids tiefer Traurigkeit und Verzweiflung. Ein Beispiel finden wir in Psalm 25,16:

Wende dich zu mir und sei mir gnädig, denn ich bin einsam und elend!

David wusste genau, was es bedeutet, einsam zu sein. Aber nicht nur der Psalmist, sondern Jesus – Gott selbst – weiß, wie es sich anfühlt, von den engsten Freunden verlassen, verleumdet und sogar verraten zu werden! Schließlich wandte sich Sein eigener Vater von Ihm ab, die Person, mit der Er von Ewigkeit her in perfekter Gemeinschaft gelebt hatte.

Hast du in diesen Tagen mit Einsamkeit zu kämpfen? Vielleicht findest du keinen Anschluss in deiner Gemeinde, vielleicht bist du einer der wenigen Singles und leidest darunter, dass die Ehepaare nur noch über ihre Kinder sprechen oder du bist gerade Mama geworden und fühlst dich allein, weil du nicht mehr so flexibel am Gemeindeleben teilnehmen kannst wie vorher. Möglicherweise wurdest du auch sehr verletzt und fühlst dich wie Hagar, die verzweifelt in die Wüste floh. Sie war vollkommen einsam, doch dann begegnete ihr Gott und sie erkannte: „Du bist der Gott, der mich sieht!“ (1. Mose 16,13).

Vergiss nicht: Der lebendige Gott sieht dich, Er versteht dich und Er leidet mit dir (Hebräer 4,15).  Aber nicht nur das! Wir haben keinen passiven, sondern einen aktiven Gott, der die Macht hat, so viel mehr zu tun, als wir es uns erträumen können. Mit Seiner Hilfe wirst du die Einsamkeit besiegen!

Eine Frage der Initiative

Wenn es doch so einfach wäre… einmal schnipsen und zack – die Einsamkeit wäre wie weggeblasen, alle Traurigkeit vergessen und dein Handy würde vor lauter Einladungen und netter Nachrichten explodieren. Leider sieht die Realität anders aus. Eine Freundschaft aufzubauen, braucht Zeit. Vertrauen wiederzugewinnen, geht meist nicht über Nacht. Aber das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist.

Das Wichtigste: Gebet. Schütte dein Herz vor Gott aus, sag Ihm ehrlich, wie du dich fühlst und wie sehr du dich nach Gemeinschaft sehnst. Bitte Ihn, dir Liebe für deine Glaubensgeschwister zu schenken und die Kraft, zu vergeben und in Demut zu dienen.

Predige dir selbst! Eine große Gefahr bei dem Thema Einsamkeit ist es, sich reinzusteigern und eine „Selbstmitleids-Party“ zu feiern. Glaubt mir, ich habe Erfahrung darin. Der Teufel nutzt unsere Schwachheit aus und flüstert uns Lügen zu, die uns noch tiefer in die Einsamkeit stürzen. Eine fehlende Einladung, ein unüberlegter Kommentar oder immer noch keine Antwort auf deine WhatsApp-Nachricht und dann geht es los: „Sie wollen dich nicht dabeihaben. Du bist ihnen nicht wichtig. Wahrscheinlich nervst du sie nur. Ja, letzte Woche hat sie dich zum Kaffee eingeladen, aber das hat sie nur aus Höflichkeit getan…“ Gib dem Teufel keine Chance! Lass die negativen Gedanken keine „Nester“ auf deinem Kopf bauen, wie Martin Luther es ausdrückte, sondern halte dich an das Hohelied der Liebe aus 1. Korinther 13:

„[Die Liebe] freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.“

Unterstelle deinen Gemeindegeschwistern nicht immer gleich etwas Böses, sondern bleib entspannt. Anstatt melancholische Musik von Adele auf Repeat zu hören und dabei die Situationen von links nach rechts zu drehen, öffne eine Worship-Playlist, schlag deine Bibel auf und richte deine Gedanken auf „alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgendeine Tugend oder etwas Lobenswertes ist“ (Philipper 4,8).

Wage den ersten Schritt! Warte nicht darauf, dass jemand auf dich zugeht, sondern ergreife die Initiative! Schau dich in deiner Gemeinde um. Wer könnte sich ebenfalls einsam fühlen? Wer ist neu? Wer sitzt allein? Vielleicht ist dir eine Person auf Anhieb nicht sofort sympathisch, sie wirkt nicht besonders cool, interessant und gesprächig. Viel lieber wärst du Teil der Clique x oder mit Person y befreundet. Aber darum geht es nicht! Freundschaften sind nicht dazu da, um unser Selbstwertgefühl aufzupolieren, sondern in erster Linie sollen wir unseren Mitmenschen in Liebe dienen! Das bedeutet, dem Beispiel von Jesus zu folgen, um das Wohl der anderen bemüht zu sein und – bildlich gesprochen – ihre Füße zu waschen. Den ersten Schritt zu gehen, kostet Mut und vielleicht auch unseren Stolz, aber es ist genau das, was Gott tat. In seinem Buch „Caring For One Another“ schreibt Edward T. Welch:

Gott ergriff die Initiative und ging auf uns zu; wir ergreifen die Initiative und gehen auf unsere Mitmenschen zu (Hesekiel 34,11). All die biblischen Geschichten, in denen Gott sich Seinem Volk zuwandte, sind Geschichten der Gnade. Gnade ist das ‚Auf-uns-Zugehen‘ Gottes durch Christus. Er wandte sich uns nicht zu, weil wir so gut nach Ihm riefen und den ersten Schritt in Richtung Selbsterlösung gingen. Wir waren krank und brauchten Ihn. Oder noch schlimmer: Wir waren Seine Feinde, die nicht bereit waren, zu kapitulieren. Er sagt: ‚Ich liebe dich‘, selbst wenn wir mit einem gleichgültigen Schulterzucken oder einem flüchtigen: ‚Oh, danke‘ reagieren. Und darin erkennen wir, warum es für uns so schwierig ist, auf andere zuzugehen: Derjenige, der in einer Beziehung die Initiative ergreift – derjenige, der am meisten liebt – ist derjenige, der riskiert, gedemütigt zu werden. Andere zu lieben ist mehr, als sich vor Zurückweisung zu fürchten!

Als ich diese Worte las, wusste ich: Etwas muss sich ändern. Sooft war ich verletzt, weil, meiner Meinung nach, so wenig von meinen Freunden kam. Ich wollte nicht diejenige sein, die eine Ablehnung erfuhr. Ich wollte nicht nerven, wollte mir sicher sein, dass die Menschen mich gernhatten. Anstatt meine Glaubensgeschwister wirklich zu lieben und ihnen zu dienen, war es mir wichtiger, mich selbst zu beschützen.

Jesus tat genau das Gegenteil. Er war nicht um sich selbst besorgt, sondern Er sorgte sich so sehr um unser Leben, dass Er Sein eigenes aufgab. Er starb für uns, für Menschen, die Ihn demütigten und zurückwiesen. Er opferte sich für Seine Feinde. Das ist wahre Liebe!

Lasst uns initiativ werden und diese Liebe weitergeben! Wenn dich niemand anschreibt oder auf dich zugeht, sei du derjenige, der es tut. Frage nach, wie es deinen Mitmenschen geht, wie du für sie beten kannst und lade sie zu dir nach Hause ein. Organisiere einen Spieleabend (es muss kein aufwendiger Brettspiel-Marathon sein, z.B. „Uno“ oder „Talkbox“ sind super easy und sogar für weniger Spielebegeisterte geeignet :)), koche etwas Leckeres oder bitte einfach alle, ein paar Snacks mitzubringen. Mir ist bewusst, dass es in den Corona-Zeiten schwieriger ist, etwas zu starten, aber es ist nicht unmöglich! Überlege, worüber sich die Leute freuen könnten und werde kreativ!

Vielleicht bist du kein Fan von Gruppentreffen, sondern fühlst dich in Zweiergesprächen wohler. Wie wäre es z.B., wenn du einer Person aus deiner Gemeinde vorschlägst, ein christliches Buch mit dir zu studieren? Als mich eine junge Amerikanerin, die als Missionarin nach Deutschland gekommen war, vor ein paar Jahren fragte, ob wir zusammen ein Buch lesen wollen, um ihr Deutsch zu trainieren, war ich begeistert. Aus unserem regelmäßigen Austausch entstand eine tiefe Freundschaft und ich bin sooo dankbar, dass sie damals die Initiative ergriff!

Bete, lass dich nicht von den Lügen des Teufels verunsichern, sondern konzentriere dich auf die Wahrheiten der Bibel und folge Gottes Beispiel: Ergreife die Initiative. Wage den ersten Schritt – aus Liebe.

Love,
Joy

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  1. Ohne Worte, sprachlos …. Du hast einen wunden Punkt bei mir getroffen ! Mir wird bewusst, dass Gott schon wieder zu mir spricht und ich muss was ändern….das macht mir Magenschmerzen.

    Gott segne Dich

    Bettina

    1. Ich bin zwar kein Girl….. Aber ein Mann mit HSP….. Ich kann das, was du dazu schreibst in diesem Artikel sehr gut nachvollziehen und habe selbst in der Gemeinde und außerhalb mit dem Thema so meine Erfahrungen gemacht. Dieses Thema wird leider nicht so oft thematisiert und vielleicht ist es auch ein wenig unbequem oder tabu. Vor Allem, wenn man nicht so ist, wie die Norm. Ich bin Gott jedenfalls dankbar für diese Gabe.Sie ist nicht immer einfach, aber Sie öffnet mir auch in meinem Job, privat oder in der Seelsorge Türen, welche sonst verschlossen blieben. Es freut mich, dass du mit Gott einen Weg gefunden hast, das Gewesene einzuordnen. Liebe Grüße und Gottes Segen.
      Mach weiter so.

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