Was Lebensumstände über uns offenbaren
Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen.
Matthäus 15,19
Schwere Umstände können uns schnell den Boden unter den Füßen wegreißen. Eben befanden wir uns noch auf der Sonnenseite des Lebens. Wie ein Tanz über eine Wiese voller bunter Blumen: enge Freundschaften, gute Noten in der Schule/Uni, Erfolg im Job, Gesundheit, eine tiefe Beziehung zu den Eltern und Geschwistern, eine glückliche Ehe…
Doch dann kamen die Gewitterwolken. Ein Platzregen ergoss sich über das schöne Feld und ertränkte die Blütenpracht. Verzweifelt stehen wir nun da. Unsere Schuhe versinken im Schlamm. Um uns herum herrscht Chaos. Ein dunkles Bild der Verwüstung. Die Sonne scheint nie wieder aufzugehen.
Hätte, wenn und aber…
Der Platzregen kann bei jedem von uns anders aussehen: eine erschreckende Diagnose vom Arzt, ein plötzlicher Unfall, ein Geständnis des Partners, eine nicht bestandene Prüfung, ein schlimmer Streit. Vielleicht aber auch eine falsche Entscheidung, die wir selbst getroffen haben, eine Sünde, deren Folgen wir nun zu spüren bekommen.
Wie reagieren wir auf unsere Umstände? Halten wir an Jesus fest und vertrauen Ihm oder macht sich Bitterkeit in uns breit? Oft neigen wir Menschen dazu, unsere Situation analysieren zu wollen. Wir suchen nach Strategien, wie unser Desaster hätte vermieden werden können. Die Suche nach dem Schuldigen beginnt.
Wer ist der Schuldige?
Wenn es keinen offensichtlich Schuldigen gibt, machen wir Gott verantwortlich. Er hätte schließlich den Unfall verhindern, den Krebs heilen, den Streit schlichten, den Partner vor der Untreue bewahren können. Ja, selbst für die eigene Sünde können wir letztendlich gar nichts, oder? Die Umstände haben uns einfach mitgerissen wie eine 4-Meter-Welle.
Schließlich hat der süße Typ bei der Arbeit ja dich angesprochen – nicht umgekehrt! Du wolltest niemals einen Nichtchristen daten und natürlich war es immer dein Ziel, dich bis zur Ehe rein zu halten, aber was kannst du denn dafür, wenn dieser Mann auftaucht und einfach so aufdringlich und gleichzeitig unwiderstehlich charmant ist?
Oder was sagen wir der jungen Frau, die von ihrem Partner betrogen und mit ihren kleinen Kindern allein zurückgelassen wurde? Dass sie nun selbst die Gemeinde verlassen und eine Affäre zu einem verheirateten Mann hat, ist doch lediglich ihre Reaktion darauf, was ihr angetan wurde. Sie sucht nach Liebe und Sicherheit – verständlich, oder? Wie sollte sie, nach all dem, was sie erlebt hat, auf Gott vertrauen?
Und der Mann, der nach seinem Autounfall jede Lebensfreude verloren und seinen Glauben an Gott begraben hat? Aufgrund der Folgen seiner Verletzungen ist er nicht mehr fähig, seinen Traumberuf auszuüben und für seine Familie zu sorgen. Diesem Menschen kann man doch wirklich nichts vorwerfen.
Die unangenehme Wahrheit
In seinem Buch Caring for One Another schreibt Edward T. Welch:
Die Umstände unseres Lebens haben nicht die Macht, uns von Jesus zu entfernen oder unsere Liebe zu Ihm zu stärken – dafür ist unser Herz verantwortlich. Aber Umstände können das Leben leichter oder elender machen und sie können als schwierige Prüfungen dienen, die überraschende Dinge darüber offenbaren, was sich zuvor leise in unseren Herzen verbarg.
Caring for One Another – 8 Ways to Cultivate Meaningful Relationships, S. 39
Auch, wenn es in unseren Augen vielleicht wenig plausibel scheint, können wir schwierige Umstände nicht für unser sündiges Handeln verantwortlich machen. Bitterkeit, Misstrauen Gott gegenüber, sexuelle Sünden, Eifersucht, Unzufriedenheit, Stolz – diese Liste ist endlos lang – entstehen nicht erst, weil wir durch schwere Zeiten gehen, sondern sie kommen durch unsere Umstände ans Licht.
Es ist wie mit einem in Putzwasser getränkten Schwamm. Nach außen hin sieht er ganz sauber aus und man ahnt gar nicht, welch eklige Brühe sich in seinem Inneren verbirgt. Doch sobald Druck von außen kommt und der Schwamm ausgewrungen wird, spritzt der Schmutz heraus.
Unser Herz ist wie dieser Schwamm. Wenn alles in unserem Leben gut läuft, ist es gar nicht so schwer, Gott zu vertrauen und Ihn anzubeten. Aber wenn durch schwere äußere Umstände Druck auf unser Herz ausgeübt wird, gibt es das frei, was sich in seinem tiefsten Inneren befindet. Unsere Reaktion auf Leid offenbart die Sünde in uns.
Die ewige Hoffnung
Vielleicht erscheint dir dieser Blog-Artikel sehr hart. Sollten wir nicht viel mehr Erbarmen mit den Menschen haben, die durch schwere Zeit gehen – und auch mit uns selbst, als schon wieder über das Thema Sünde zu sprechen?
Darf ich eine Gegenfrage stellen: Wie können wir die Symptome bekämpfen, wenn wir den Auslöser nicht kennen? Die äußeren Umstände sind unberechenbar. Wir wissen nie, was in unserem Leben auf uns zukommen wird. Aber wenn wir durch Gottes Gnade step by step gegen die Sünde in uns ankämpfen und unser Herz fest gegründet ist in Jesus, werden wir all diesen Lebensstürmen standhalten können.
Es ist ein lebenslanger Kampf. Ein Weg mit vielen Kurven, Hindernissen und Abgründen. Aber es gibt Hoffnung. Jesus gab Sein Leben, um unsere Herzen von aller Sünde reinzuwaschen. Er wird das gute Werk, das Er in uns begonnen hat, vollenden (Philipper 1,6).
Lasst uns jeden Tag dafür beten, dass Gott uns verändern und immer mehr zu Männern und Frauen nach Seinem Herzen machen möge. Bald werden wir bei Jesus sein und Er wird all unsere Tränen abwischen (Offenbarung 21,4). In Ewigkeit werden wir auf der Blumenwiese tanzen und kein Platzregen kann sie jemals wieder zerstören.
Love,
Joy